Tunesien-Rallye 2003



Abenteuer-Urlaub mit sportlicher Note

Fast schon touristisch im Vergleich zu den vergangenen Jahren war die 22. Ausgabe der Tunesienrallye 2003. Zwar waren die Strecken wie üblich zwischen 250 und 300 Kilometern lang. Angesichts der überschaubaren Teilnehmerzahl von 115 - wegen des Irakkrieges hatten sich viele potentielle Fahrer wohl nicht getraut, in das arabische Land zu fahren - herrschte von der Abnahme an eine entspannte Atmosphäre. Auch das Wetter spielte in diesem Jahr mit: Es gab nur bei der El Borma-Runde einen klitzekleinen Sandsturm, im Vergleich zum letzten Jahr eigentlich nicht der Rede wert. Und der heftige Regen hatten genau zum Rallyebeginn aufgehört, so dass das Land im Norden in wogendes Grün getaucht war. Der Sand stellte sich durch die Feuchtigkeit als erfreulich tragfähig dar. Auch die Hitze war erträglich. Fast also eine Art Abenteuerurlaub.

Erste Ausfälle nach 3 Kilometern

Aber auch der kann seine Tücken haben. Bereits auf der allerersten Etappe nach drei Kilometern schied der chilenische KTM-Werksfahrer Carlos de Gavardo aus. Er war in eine Auswaschung geknallt, die im Roadbook nur mit einem Ausrufezeichen (heißt soviel wie "Achtung, Augen auf) gekennzeichnet war. Sie hätte aber drei ("sehr gefährlich") verdient. Die vorausgegangenen schweren Regenfälle hatten die Strecke noch kurz vor dem Start verändert.

Ebenfalls am ersten Tag schied ein weiterer der fünf offiziellen KTM Fahrer aus: Richard Sainct hatte Motorenprobleme. Dummerweise filmte ein TV-Team, wie ihm die Assistenz mitten in der Sonderprüfung den Motor wechselte. Sainct kam dann zwar auf eigener Achse ins Ziel, wurde aber später von den Sportkommissaren wegen fremder Hilfe disqualifiziert.

Toller Einstand für Achim Mörtl

Leider war diesmal kein einziger deutscher Motorradfahrer dabei. So wurde der österreichische Motorrad-Newcomer Achim Mörtl bester deutschsprachiger Fahrer. Mörtl ist vielen Motorsportinteressierten ein Begriff: Er war bis letztes Jahr Auto-Rallyefahrer auf Subaru, hat mehrere WM-Läufe absolviert und war zweimal österreichischer Staatsmeister. Weil ihm ein Hauptsponsor wegbrach, stieg er aufs Motorrad um. Der 32jährige Mörtl will den gesamten Rallye-Worldcup 2003 fahren. Obwohl der Kärntner erst seit wenigen Monaten Enduro fährt, gewann er gleich die KTM-Oasis-Rallye, an der zur Vorbereitung auf die OPTIC teilgenommen hatte. Bei der Tunesienrallye erreichte er auf Anhieb Rang 14 und holte sich zudem WM-Punkte. Hoffentlich findet er Geschmack an dieser Sportart. Denn es kann dem Rallyesport bei uns nur gut tun, wenn endlich wieder ein deutschsprachiger Fahrer vorne mitmischt.

Sein Landsmann Klaus Pelzmann, der sich jedes Jahr eine Rallye gönnt, aber dem Amateurstatus treu bleibt, schlug sich wacker und landete am Ende auf einem anständigen Rang 23.

Auto. Überraschung am letzten Tag

Im Autobereich dominierten von Anfang an die beiden Werksautos von Mitsubishi mit Stephane Peterhansel und Miki Biasion am Steuer. Hier gab es auf der letzten Etappe den absoluten Knaller: Alle warteten an der Zieldurchfahrt auf Peterhansel als den designierten Sieger. Der Franzose war am Morgen mit einer Stunde Vorsprung in Remada gestartet. Da geschah das Unglaubliche: Peterhansels Auto war kurz nach dem zweiten CP, 60 km vor dem Finish, abgebrannt. Der Franzose kann einem schon leid tun: Das war das dritte Mal hintereinander, dass ihm der sicher geglaubte Sieg am letzten Tag zwischen den Fingern zerrann: Gei der Dakar, bei der Baja Italia und nun in Tunesien.

Sieg für Schlesser

Nutznießer war sein Landsmann Jean-Louis Schlesser, der von dem Missgeschick seines Konkurrenten auf der Strecke gar nichts bemerkt hatte und von den Glückwünschen im Ziel völlig überrascht wurde. Aber er war so fair, zuzugeben, dass er den Sieg geschenkt bekommen und eigentlich Peterhansel den Preis verdient hatte.

Tag der Freude war auch für Andrea Mayer und Andreas Schulz. Sie schafften mit Platz 2 die beste Tageswertung ihrer Karriere und rutschten durch den Ausfall von Peterhansel um einen Platz im Gesamtklassement auf Rang fünf vor. Allerdings ist der Abstand schon erstaunlich: Während bei den Motorrädern die Platzierungen um Minuten auseinander liegen, hatte Andrea Mayer auf den ersten bereits vier Stunden Rückstand!

Auch die beiden deutschen Amateur-Autoteams erreichten das Ziel. Thomas Berschet und Rüdiger Rabe verbesserten sich mit ihrem Matzker-aufgebauten Landrover Defender gleich um zehn Plätze im Vergleich zum Vorjahr. Und der Mercedes ML des Ostfilderner Offroadspezialisten ORC kam (im Gegensatz zu letzten Jahr) ebenfalls in Wertung ins Ziel.

Spannung bei den Bikes

Richtig spannend war es am letzten Tag bei den Motorrädern: Fabrizio Meoni mit der LC 8 eröffnete als Vortagessieger die Strecke. Nach 100 Kilometern hatte ihn sein Teamkollege Cyril Despres auf der Einzylinder einge- und überholt. Überholen war schwierig, weil die engen Pisten und der Staub es nicht zuließen. Zu Meonis "Glück" machte der junge Franzose noch einen Navigationsfehler, den der erfahrene Italiener natürlich sofort ausnutzte um sich wieder an die Spitze zu setzen. Am Ende siegte er knapp mit einer halben Minute Vorsprung. Um den Sieg nicht mehr mitreden konnte der spanische Vorjahressieger Juan Roma. Er hatte bei einem Sturz vier Tage zuvor acht Minuten Zeit auf seine beiden Teamkollegen verloren, die sich auf den kurzen Etappen nicht mehr aufholen ließen.

Eine eindrucksvolle Vorstellung gab der Australier Andy Caldecott. Er war zum ersten Mal in Afrika und schaffte den besten Platz eines Nicht-KTM-Werksfahrers. Der fünfte Platz ging an den Norweger Pal Anders Ullevalseter. Bester Nicht-KTM-Fahrer wurde der Franzose David Casteu auf einer Honda 450, mit der er auch die Klasse bis 500 ccm gewann.

Katrin Lyda

Bilder: www.desert-runner.com

Gesamtergebnis

ältere Rallye-Berichte

Achim Mörtl

Der österreichische Rallye-Newcomer Achim Mörtl

 

Thomas Berschet, Rüdiger Rabe

 

ORC-Mercedes-Team

Das ORC-Mercedes-Team mit Branco Krajnc und Andreas Lennartz

 

Fabrizio Meoni

Veteran Fabrizio Meoni hänge die Jungen noch einmal ab

 

Cyril Despres

Mit Cyril Despres wird in Zukunft zu rechnen sein

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