U.A.E. Desert Challenge Dubai

 

Sand - Hitze - Anstrengung

Die Dubairallye geht an mein persönliches Limit, vielleicht sogar darüber. Daher gleich zu Anfang ein Dankeschön: Ohne die Hilfe meines Griesser-Teamkollegen Gerhard Haas würde ich heute wohl immer noch im Sand der Rub-al-Khali stecken. Merci und Hut ab vor soviel Teamgeist. Deshalb auch ein Foto von ihm, eine Szene vom zweiten Tag.

Die Desert Challenge ist die Krönung der Rallyesaison. Zum einen natürlich durch den märchenhaften Luxus: Das Biwak mitten in der Wüste besaß sogar einen Swimmingpool. Zum anderen aber durch das fahrerische Niveau. Wer glaubt, daß er die nur vier Tage "kurze" Veranstaltung mal eben so abspult, der irrt sich gewaltig.

Rallye-Elite am Start

Die Veranstaltung lockte die gesamte Elite der Rallyeszene an. Alles, was in der Offroadwelt Rang und Namen hat, gab sich am Persischen Golf die Ehre: das KTM-Werksteam mit Vorjahressieger Arcarons, Meoni, Magnaldi, Roma, Alfie Cox, Dirk von Zitzewitz und Heinz Kinigadner. Das BMW-Werksteam trat erstmals als solches auf - bis dato lief es ja unter Enduro Equipe Schalber. Die Bayern haben inzwischen einen Fahrer mehr im Team: Sie haben den französischen Spitzenpiloten Richard Sainct von KTM abgeworben. Dazu diverse andere internationale Topfahrer -wer's genau wissen will, schaut die Starterliste auf der Homepage der Desert Challenge www.uaedesertchallenge.com an. Und das Team Griesser natürlich. Fünf Fahrer waren diesmal am Start - drei Herren, zwei Damen. Zur üblichen Besetzung Haas/Lyda hatten sich noch Uwe Renner, Harti Weyerer und Ilka Evers hinzugesellt. Gerhard Haas und ich machten uns erst mal auf die Suche nach unseren Maschinen und dem Gepäck. Das nahm zwar einen ganzen Tag in Anspruch, am Ende hatten wir aber unsere Sachen glücklich und vor allem vollständig wieder. Der nächste Tag war dann den nötigsten Reparaturen gewidmet. Es folgte die Papier- und technische Abnahme, und schon ging es am Vorabend der Rallye ab nach Abu Dhabi. Wir und eine Handvoll anderer Fahrer zogen es vor, die 150 Kilometer noch am Abend hinter uns zu bringen, um nicht morgens in aller Herrgottsfrühe erst mal Autobahnkilometer abspulen zu müssen.

Elektrikprobleme

Eine kluge Entscheidung. Geri und ich hatten Dubai noch nicht verlassen, als ich feststellte, daß mein Licht nicht ging. Totaler Zusammenbruch der Elektrik. Im Schein der Straßenbeleuchtung verbrieten wir sämtliche Sicherungen, weil die Kabel völlig undurchschaubar verlegt waren. Nach anderthalb Stunden ging das Licht wieder, ließ sich aber nicht mehr ausschalten.

Vergaser zu fett

So konnte ich am nächsten Morgen wenigstens starten. Wie schon im letzten Jahr erfolgte der Start an der Corniche von Abu Dhabi, die Startrampe lag zwischen glitzernden Hochhauspalästen und dem Meer. Der eigentliche Start erfolgte 80 Kilometer außerhalb. Hier kamen nach wenigen flüssigen Kilometern die ersten Schlüsselstellen in den Dünen. Der Dünengürtel vor dem Assistenzpunkt hatte im letzten Jahr schon etliche Opfer gefordert. So auch dieses Jahr. Ohne Geris Hilfe wäre ich womöglich auch auf der Strecke geblieben. So gut die Maschine nämlich in Ägypten gelaufen war, so viele Probleme bereitete sie mir in Dubai. Der 640er-Werksmotor drehte zwar nach oben hinaus unendlich, lief aber untenrum sehr ruppig. Zudem war der Vergaser viel zu fett bedüst, mit einer 52er Düse, wie sich erst am 3. Tag herausstellte, anstatt einer 42er oder womöglich einer 38er. Mit dem Ergebnis, daß der Motor bei jeder Gelegenheit ausging. Besonders blöd in den weichen Dünen, meist passierte es knapp hinter dem Dünenkamm, wenn ich das Gas wegnahm, um nicht über die Düne zu fliegen. Und dann sprang sie, heiß geworden mangels Fahrtwind und Drehen im kleinen Gang, natürlich erst mal nicht mehr an. Noch nie hab ich mir so die Seele aus dem Leib gekickt wie in Dubai 98. Vom Zeitverlust will ich gar nicht reden, an den beiden ersten Tagen verlor ich soviel Zeit, daß ich jeweils die Maximalzeit überschritt. Dies bedeutete zusätzlich Strafzeit, die absolut vermeidbar gewesen wäre.

Nie wieder ohne E-Starter

Ein Druck aufs Knöpfchen und 80 der hundert Sch...-Situationen hätten sich in Luft aufgelöst. So mußte ich erst runterklettern, aufpassen, daß der Bock nicht umfällt, einigermaßen festen Stand suchen - gar nicht so einfach im weichen Sand an einem abschüssigen Dünenhang, leerpumpen und kicken. Meistens sprang sie nicht an. Dann mußte mir Geri helfen. Er mußte also seinerseits sein Motorrad parken, zurücklaufen, meins anlassen, wieder zu seinem latschen, dann konnte es weitergehen. Bis zur übernächsten, vielleicht auch nur zur nächsten Düne. Das soll mir meine ganz persönliche Lehre sein: Nie, nie, nie wieder werde ich eine Rallye ohne ein Motorrad mit E-Starter fahren.

Flüssig durch die Rub al Khali

Her wie hin. Am dritten Tag in der Rub al Khali, dem leeren Viertel auf arabisch, in der Ecke, wo die Emirate an Saudi-Arabien grenzen, sollte es sich abspielen. Hieß es zumindest beim Briefing. Dort warteten nämlich die ganz hohen Dünen. Ich hatte richtig Bammel vor dem Start, fuhr höchst konzentriert, nicht zu schnell, immer mit der Hand an der Kupplung - und es flutschte. Nur zweimal grub ich mich ein, einmal überquerte ich einen Dünenkamm an der falschen Stelle, was man vorher nicht sehen konnte: dahinter fiel der Hang schräg nach rechts ab. Der Sand war so weich, daß einen quasi eine kleine Sandlawine automatisch nach unten trug. Man mußte ganz von vorne anfangen und den Hang so weit oben wie möglich anfahren. An dieser Stelle schaffte es übrigens Kollege Stadler, Geris Maschine über den Haufen zu fahren. Rechts waren 200 Meter Platz, links ebenso. Mit traumwandlerischer Sicherheit steuerte der Tiroler auf Geris Motorrad zu und - bums - lag es im Sand.

Bestes Tagesergebnis

Ansonsten lief es unerwartet flüssig, ich erreichte das Ziel nur 16 Minuten hinter Andrea Mayer - wenn ich mir meine beiden Grabaktionen erspart hätte, wäre es knapp für sie geworden. Dafür hatte Thomas Lutz von Sommer KTM Riesen-Pech (und Glück zugleich). Er war nach einem Sprung in den Gegenhang einer Düne gekracht. Er beendete zwar die Etappe, hatte aber so große Schmerzen im Rücken, daß er am Abend noch zum Röntgen nach Abu Dhabi fuhr. Dort stellte sich heraus: Die Wirbelsäule war gebrochen zwar "stabil", aber es hätte ja ganz anders ausgehen können. Thomas trägt jetzt erst mal 12 Wochen ein Korsett. Ich bin froh, daß es so ausging und wünsche ihm alles Gute.

Sturz am letzten Tag

Naja, mich erwischte es dafür am letzten Tag. Bei meiner Standardsituation steckte das Vorderrad in den Sand, die Maschine machte einen Salto und flog mir ins Kreuz. Dabei schlug die Fußraste ein Loch in meine rechte Kniekehle. Erst hab ich das gar nicht realisiert. Viel schlimmer war, daß wir das Motorrad nicht mehr zum laufen brachten. Ob der Kolben klemmte oder einfach nur der Kickstartermechanismus eine Macke hatte, ließ sich in der Wüste nicht herausbekommen. Wir mußten die Maschine stehenlassen. Ich weiß bis heute nicht, was los war, denn das Motorrad ist noch unterwegs nach Europa. Geri nahm mich huckepack zum nächsten Kontrollpunkt mit, wo ich beim Team der portugiesischen Pilotin Elisabete Jacinto im Auto mitfahren konnte. Das Motorrad las der Besenwagen auf. Erst beim nächsten CP stellte ein Doc fest, daß die Wunde tiefer war als erst vermutet - vor lauter Ärger über den Sturz und das defekte Motorrad hatte ich gar nicht gemerkt, wie stark es doch blutete. Der Arzt verfrachtete mich sofort in den Hubschrauber und ließ mich zum Nähen bringen. Somit konnte ich leider die Zielrampe nicht auf meinem Motorrad passieren. In Wertung blieb ich aufgrund des in Dubai üblichen Spezialreglements trotzdem, lag am Ende immer noch auf Platz 50 und wurde 2. Dame von sechs. Aus Fehlern lernt man - diesmal haben wir viel gelernt! Es kann nur besser werden, insh'allah.

Griesser-Team-Partner
Gerhard Haas
half mir oft aus der Patsche - danke!
(Foto: Alain Rossignal)

Das Team Griesser-Moto-Sport kurz vor dem Start in Abu Dhabi.
Katrin Lyda, Gerhard Haas, Harti Weyerer, Uwe Renner (v. l. )
(Foto: Fred M. Krijgsman)

Kamelgras macht einen geraden Strich schwer.
Aufnahme vom Helikopter aus.
(Foto: Fred M. Krijgsman)

Der Sand in Dubai ist sehr weich.
(Foto: Fred M. Krijgsman)

 

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