Montes de Cuenca

 

Wo sind wir? Die Rallye "Montes de Cuenca" gehört seit 1999 zur offiziellen Weltmeisterschaft "Tout Terrain". Aber wo bitte ist Cuenca?
Cuenca ist eine 50.000-Einwohner-Stadt in der spanischen Provinz Kastilien-La Mancha. Eine reizvolle Gegend, absolut untouristisch, die Veranstaltung organisiert von einem engagierten örtlichen Motorsportclub, lauter sympathische Leute. Das Umland bietet noch und nöcher Gelegenheiten zum Offroad-Fahren. Das hat übrigens Norbert Schilcher schon lange erkannt: Er führt hier seit Jahren auf den Strecken der früheren "Transspaña-Rallye" seine Roadbooktouren durch.

Geländebeschaffenheit

Das Gelände rund um die kastilische Provinzstadt ist hügelig. Die Strecken führen über pickelhart gebackene staubige Feldwege, aber auch durch den Wald. Sie sind zum großen Teil sehr schnell, im Wald auch kurvig. In jedem Fall sind die Tage lang: Rund 500 Kilometer dauert eine Schicht, 6,5 (die Profis) bis 10 Stunden (unsereins) sitzt man im Sattel. Ist an sich ok, nur weil es keine nennenswerte Pause gibt außer den kurzen Tankstops geht das doch ganz schön an die Substanz.

Wer war dabei?

Ungewöhnlich ausgiebiger Regen ließ heuer die Farben explodieren: Wogendes Grün über roter Erde, üppige Blumen in allen Farben und darüber ein knackblauer Himmel bildeten eine malerische Kulisse. Leider war von den internationalen Toppiloten nur eine Handvoll vertreten: Die spanischen Rallye-Cracks wie Juan Roma, Oscar Gallardo oder Jordi Arcarons fehlten ganz, war nicht so genau rauszukriegen, wieso. Bei Roma wurde als Grund bereits ein Wechsel zu BMW gemunkelt. Das KTM-Werksteam repräsentierte der Italiener Fabrizio Meoni, derzeit Führender im FIM-World-Cup. Der Lokalmatador und hoher Favorit Isidre Esteve Pujol war als Privatfahrer mit einer 520er angetreten. Weitere Topkandidaten auf der Starterliste waren der Spanier Vicente Escuder auf einem Rallye-Umbau der neuen Honda XR 650 R sowie die Italiener Antonio Colombo, der 1999 die Sardinienrallye mit einer Allrad-Yamaha gewonnen hatte und Matteo Graziani, mehrfacher italienischer Rallye-Champion. Auch fünf deutschsprachige Teilnehmer waren am Start: Urs Bühler und Eduard Kämpfer (beide KTM) aus der Schweiz sowie die Deutschen Hans-Joachim Kaczmarek (Yamaha WR 400), Bernd Nutowt mit seinem "Benuto"-Eigenbau auf Basis der F 650 und ich.

Das Moped

Ich saß auf einer Suzuki DR Z 400, die mir freundlicherweise von Suzuki Deutschland zur Verfügung gestellt worden war, wofür ich mich noch einmal herzlich bedanke. Die Maschine war für diese Art von Veranstaltung ideal: Geringes Gewicht, satt Leistung und Top-Fahrwerk. Wobei ich sagen muß: Ich kann das Gemeckere über zu softes Fahrwerk der 400er Z nicht unterschreiben. Für mich und meine 65 Kilo war das Fahrwerk ideal, hatte stets genug Reserven und machte überhaupt keine Probleme. Lediglich etwas länger übersetzt hätte die Maschine sein können, da die Strecken so schnell waren. In der Kürze der Zeit war aber kein kleineres Kettenblatt oder größeres Ritzel aufzutreiben. Beim nächsten Mal weiß ich: Fa. DvZ hat so was und wenn sie es nicht hat, kann sie es kurzfristig anfertigen lassen.

Beim nächsten Mal werde ich auch vorn keinen Motocross-Reifen montieren, sondern einen mit Blockprofil. Die spitzen, kleinen Stollen knickten in den Kurven auf dem harten Boden weg und ließen die Karre rutschen. Einen völlig unerwarteten Sturz mit riesen-blauem Fleck am Oberschenkel hätte ich mir damit vielleicht erspart. Moosgummi sollte man sich in jedem Fall gönnen, außer man flickt gerne Plattfüße. Das bedeutet natürlich einen abendlichen Akt beim Montieren, denn pro Tag ist ein (Hinter-)Reifen fällig. Original-Tank hat gereicht, auch wenn ich am Anfang recht nervös war, ob die 10 Liter für die 130 km genug sind, weil man leider den Benzinstand nicht erkennen kann. Eventuell würde ich noch einen Lenkungsdämpfer montieren, kann man gebrauchen, denn die leichte Maschine wackelt bei hohem Tempo doch ganz schön. Man braucht übrigens weder Roadbook noch Tripmaster, auch das zweite Rallye-Rücklicht wurde nicht verlangt.

Ansonsten war die leichte Viertakter ideal, denn sie schont die Kräfte. Auch wenn die leistungsstarken großen Motorräder auf den ganz schnellen Geraden einen natürlich stehen lassen.

Streckenbeschaffenheit

Staubige, schnelle Wirtschaftswege wechseln mit kurvigen Waldpfaden ab. Es werden zwei Runden à 250 km täglich gefahren, Tag 1 + 3 und 2 + 4 auf der gleichen Strecke. Der gesamte Kurs ist abtrassiert. Das hat den Vorteil, dass man keine Navigationsausrüstung montieren muss. Nachteil: Auch die "Doofen" können sich kaum verfahren und das Tempo ist dementsprechend hoch.

Die "Cuenca" besitzt keine besonderen fahrtechnischen Schwierigkeiten. Die Rallye hat es trotzdem in sich, vor allem wegen der Streckenlänge von 500 Kilometern am Tag. Hinzu kommen hohe Temperaturen, Anfang Juni hatte es bereits fast 40 Grad. Physische Einbrüche dezimierten das Starterfeld von Tag zu Tag, zusätzlich zu den "üblichen" Ausfällen wegen technischer Defekte oder Stürze.

Kondition ist also eine der Haupttugenden bei diesem Rennen. Auch wenn mir die Damenwertung sicher war, da die beiden anderen Mädels auf der Startliste, die Portugiesin Elisabete Jacinto und Enrica Perego aus Italien, gar nicht angetreten waren. Obwohl ich eigentlich den ganzen Winter über Sport gemacht hatte, hatte ich zwischendrin Mega-Einbrüche. Der einzige Trost war, dass es den anderen genauso ging. Ein junger tschechischer Quadfahrer hat bei jedem Tankstop buchtäblich abgekotzt.

Die beiden deutschen Landsleute fielen schon am zweiten Tag aus: Yamaha-Treiber Kaczmarek fuhr laufend über seine Verhältnisse, flog dementsprechend ständig runter, und zerstörte seine Maschine schließlich. Bernd Nutowt war zunächst zügig unterwegs, konnte dann aber wegen seiner Neurodermitis an den Händen den Lenker nicht mehr halten und musste aufgeben. Aber sie befanden sich in guter Gesellschaft: Es gab, trotz eigentlich fehlender fahrtechnischer Schwierigkeiten, laufend Ausfälle, auch unter den routinierten Piloten.

Um überhaupt noch genug Fahrer zur Siegerehrung zu haben, wurde die Strecke am letzten Tag auf eine Runde verkürzt. 26 Piloten waren am Ende nur noch in Wertung. Eine beeindruckende Leistung zeigte Isidre Esteve Pujol, der nach den vier Tagen über ein Stunde Vorsprung auf Fabrizio Meoni besaß.

Noch hat das top-organisierte Event in sympathischer Atmosphäre nicht die Akzeptanz, die es verdient. Sicherlich trägt auch die weite Entfernung dazu bei, dass sich nur wenige Mitteleuropäer die lange Anfahrt antun. Aber: Der weite Weg lohnt sich, die Streckenführung ist attraktiv und wer noch ein paar Tage Urlaub dranhängen kann, verschmerzt auch die 2 Tage Autofahrt leichter.

Danke

Für die Unterstützung meiner Rallyeaktivitäten im Jahr 2000 bedanke ich mich herzlich bei BÜSE, Suzuki Deutschland, MEFO und dem Schweizer KTM-Händler Ueli Schlegel aus Buchs