Rally of Egypt

 

Kurzfassung:

Ersatz für Master-Rallye
Dauer: insgesamt 7 Tage
1. Tag: Sonderprüfung fällt aus
2. Tag: Motorschaden
Tolle Landschaft: Bizarre Felsen, gelber Sand, blauer Himmel
letzte beiden Tage: irrsinnige schnelle Strecken. Tachostand: 156 km/h, wäre noch mehr möglich gewesen
Silbernen Obelisk als Preis für die beste Dame gewonnen

Nach erfolgreich absolvierter Tunesienrallye beschloß ich, einen Schritt mehr zu wagen. Ich nannte für die Master-Rallye, machte den ganzen Sommer ausgedehnte Radeltouren und schwamm kilometerlang, um mich fit zu halten.
Dann die Enttäuschung: Zwei Wochen vor dem Start wurde die "Master" abgesagt. In Rußland herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände, Jelzin war kurz vor dem Sturz, Devisentransfers waren unmöglich, die Veranstalter konnten die Sicherheit der Teilnehmer nicht gewährleisten und hatten durch die eingefrorenen Devisen kein Geld flüssig.
Erst fielen wir - zum Team gehört auch der Schweizer Gerhard Haas - in ein tiefes Loch. Monatelange Vorbereitung, alles für die Katz? Unser Teamchef Sebastian Griesser meinte spontan: "Na dann fahrt halt nach Ägypten!"
Ägypten? Der belgische Ex-Rennfahrer Jacky Ickx hatte mit zwei italienischen Freunden eine neue Rallye auf die Beine gestellt, die "Rally of Egypt". Termin: Oktober 98. Kurzentschlossen meldeten wir uns dort an, froh, daß wir einen Strohhalm für unsere Enttäuschung gefunden hatten.

Alles klappt im Vorfeld

Die Anmeldung und alles drumherum klappte sehr unbürokratisch: Im Startgeld ist der Flug enthalten, die Tickets lagen tiptop vorbereitet am Schalter am Flughafen - es begann vielversprechend. Als sich in die Check-in-Schlange noch das KTM-Werksteam unter Führung von Heinz Kinigadner einreihte, war die Gaudi perfekt. Die ägyptische Realität holte uns jedoch bereits bei der Ankunft in Kairo ein. Muffige, langsame Abfertigung, keiner teilte einem mit, daß man erst eine Visum-Marke für 40 DM holen mußte, woraufhin sich das ganze KTM-Team nochmal von vorne anstellen durfte. Verzögerungen, Unfreundlichkeit, und immer ein Lauern im Gesicht, das ich erst später verstand: Mit Backschisch würde alles vieeel besser und schneller gehen.

KTM-Werksteam fehlte beim Prolog

Das Abholen der Motorräder aus dem 150 km entfernten Alexandia war wohlvorbereitet und funktionierte bestens. Doch dann war es zuende mit dem ungestörten Ablauf. Zunächst traf es das KTM-Werksteam. Die fünf Fahrer brachten ihre Motorräder einfach nicht durch den Zoll: Sie hatten sie mit dem Flugzeug nach Ägypten verfrachtet (nicht wie die anderen mit dem Schiff), und der ägyptische Zoll zeigte, wie Bürokratie funktioniert. Somit waren die fünf Hauptpersonen - Kini, Meoni, Magnaldi, Arcarons und Roma - beim Prolog nicht dabei.

Erste Etappe fiel aus

Auch am nächsten Tag gab es wieder einen Strich durch die Rechnung: Die erste Etappe fiel aus, weil die zur Kommunikation zwischen Ärzte-Autos und Hubschraubern erforderlichen Satellitentelefone des Veranstalters ebenfalls noch nicht durch den Zoll waren. Also: 250 km auf Asphalt ins Biwak. Am Abend trafen die Telefone dann glücklicherweise ein, es konnte am nächsten Tag also definitiv losgehen. Die Landschaft der ägyptischen Wüste ist sensationell schön, mit bizarr erodierten, teils schneeweißen Felsformationen, die aus dem Sand herauswachsen, teils schwarzem Gestein, das sich kontrastreich zum hellen Sand und blauen Himmel abhebt. Am Schluß des ersten Tages hatten wir ein heikel zu fahrendes, blendendweißes Karstplateau zu überzirkeln. Mit äußerster Konzentration hopsten wir über die scharfen Kanten, von einem Steinmännchen zum anderen. Ins Biwak führte ein sandbedeckter Serpentinenweg - wie auf Schiern schlitterten wir die steilen Kehren hinunter.

Kein Sprit im Camp

Im Lager hörten wir, daß der Sprit-LKW irgendwo auf der Strecke geblieben war. Es standen also noch einmal 40 km Straße zur nächsten Tankstelle an. Die drei deutschsprachigen, Robert Labinski aus Nürnberg, Teamkollege Gerhard Haas und ich, machten uns auf den Weg. Erst 20 km in die falsche Richtung (der Polizist an der Straßenkreuzung hatte uns genau den verkehrten Weg gezeigt). Irgendwann wendeten wir, ich war gerade wieder am Beschleunigen, als ich ein komisches Knirschen hörte und der Motor ausging. Druck aufs Knöpfchen - nichts passierte. Ich zog die Kupplung und ließ die Maschine ausrollen. Die beiden anderen waren inzwischen verschwunden. 15 Jahre fuhr ich bis dahin Motorrad und hatte noch nie einen Motorschaden. Der erste Kolbenklemmer meines Lebens ereilte mich also in Ägypten. Als nach einer Viertelstunde die Jungs zurückkamen, bestätigte Robert, seines Zeichens KTM-Händler, meine Befürchtung. Wir tauschten die Motorräder: ich übernahm Roberts, Robby hockte sich auf mein Wrack und Geri schob mit dem rechten Fuß am linken Hecktank die Maschine an. Bis auf die letzten 2 Kilometer durch den weichen Sand ins Biwak ging das ganz passabel.

Motorwechsel im Sandsturm

Inzwischen war Sandsturm aufgekommen. Keine idealen Bedingungen für einen Motortausch. Daß dieser überhaupt stattfinden konnte, habe ich dem Chef des KTM-Werksteams, Hans Trunkenpolz, zu verdanken. Er stellte mir großzügigerweise einen Austauschmotor aus dem Fundus des Werks-Equipments zur Verfügung. Nun hatte ich ein Werks-640er-Triebwerk, wenn auch leider mit Kickstarter. Hans riet mir ausdrücklich von einem Serienmotor ab, da das Benzin bei dieser Rallye so schlecht war (80 Oktan). Wie sich später herausstellte, gingen alle Serien-640er Motoren ein, bis auf Geris. Gegen Mitternacht hatten Robby und Geri mit Unterstützung von KTM-Werksmechaniker Robert den Motor gewechselt. Ich kümmerte mich derweil um die Roadbücher, das Abendessen, füllte die Wasservorräte und erledigte die sonstigen Aufgaben, die am Abend eines Rallyetages eben so anfallen. Erleichtert fielen wir alle in den Schlafsack, immerhin konnte es am nächsten Morgen weitergehen. Das Motorrad lief wieder prima, ich war natürlich erst mal etwas vorsichtig, der neue Motor mußte ja erst eingefahren werden. Am Abend stand dann ein Ölwechsel auf dem Programm, am dritten Abend mußten die Ventile eingestellt werden.

So waren wir eigentlich laufend beschäftigt. Nur der vorgesehene Reifenwechsel mußte immer wieder vertagt werden. Am drittletzten Tag zog es mich noch einmal ordentlich aus dem Sattel. Alle bisherigen Dünen waren nach dem Anstieg oben sanft weitergelaufen. Bis auf eine. Ich hob ab wie über eine Sprungschanze und krachte dank vollem Tank - wenige Kilometer zuvor war Tankstop - voll ins Vorderrad. Mir gab es einen Ruck, und ich knallte zusammen mit der Maschine auf den Boden. Ohne den vollen Tank hätte sich die Fuhre sicher wieder stabilisiert. Durch den Aufprall im Sand brach der vordere Kotflügel ab und die rechte Fußraste verbog sich. Als das Motorrad endlich wieder ansprang, lief es total unrund und klang höllisch laut. "Ogott - nicht schon wieder ein Motorschaden!", dachte ich entsetzt. Es war aber halb so wild: Der Krümmer war aus seiner Halterung gesprungen. Deshalb war der Motor so laut. An Ort und Stelle schafften wir es nicht, die Befestigungsfedern wieder einzuhängen. Ich setzte Ohrenstöpsel ein und fuhr weiter. Die Streckenführung der letzten beiden Tage war fast schon beängstigend schnell. Knapp 160 hatte ich auf dem Tripmaster, noch nie im Leben war ich so schnell Gelände gefahren. Gestaunt habe ich auch über das Motorrad: Der Werksmotor entwickelte gerade im oberen Drehzahlbereich noch derartig Schub, wie bei keiner meiner anderen Maschinen zuvor. Leider darf ich den schönen Werksmotor nicht behalten, er war ja nur für die Rallye "geliehen".

Ungewollter Stop

Der letzte Tag bestand aus zwei Sonderprüfungen, einer sehr schnellen am Morgen und einer 30-Kilometer-Etappe ins Ziel zu den Pyramiden. Bei der schnellen Etappe blieb mir noch einmal das Motorrad stehen. Ich wollte eigentlich nur mit dem vorderen Tank fahren, hatte aber am Vorabend vergessen, die Benzinhähne der Hecktanks zuzumachen. So war mir das Benzin von vorne in die Hecktanks gelaufen. Beim Start hatte ich die Hähne der Hecktanks geschlossen. Somit war vorne nurmehr eine Neige Benzin drin, was ich wegen der Lackierung nicht sehen konnte. Und die war nach hundert Kilometern alle. Stehenbleiben aus Spritmangel bedeutet: Alle Hähne zu, in die Entlüftungsschläuche pusten, kicken, kicken, kicken, sich ärgern, daß inzwischen die anderen, die man überholt hatte, wieder vorbeiziehen. Mist.

Schwierige letzte Etappe

Wenigstens die beiden italienischen Afrika-Twin-Fahrer konnten wir noch schnappen. Innerlich auf den Speed der vergangenen zwei Etappen eingestellt, gingen wir die letzte Speziale viel zu schnell an. Hier war der Untergrund gespickt mit Gemeinheiten. Gräben, Hügeln, Furchen, plus schwierige Navigation. Einge Male hebelte es mich so aus, daß ich beinahe einen Salto über den Lenker machte. Mit rasendem Herzschlag beschloß ich, die letzten paar Kilometer gaaanz vorsichtig zufahren. Endlich erreichten wir das Ziel. Wir bekamen Getränke und schossen noch ein paar Erinnerungsfotos vor den Pyramiden.

Dann begann für uns der eigentliche Streß: Wie bekommen wir die Motorräder rechtzeitig und vor allem kostengünstig nach Dubai? Knapp drei Wochen später begann dort die Desert Challenge. Auch hier gab uns der Sportchef von KTM, Hans Trunkenpolz, den entscheidendenTip für eine zuverlässige Spedition. Nach einem Tag Hektik lieferten wir schließlich Motorräder und Material in einer Lagerhalle 30 Kilometer außerhalb Kairos ab. Dort sollten sie in Holzkisten verpackt und in Richtung Dubai verfrachtet werden. Mit ungewissem Gefühl, ob wir die Motorräder jemals wiedersehen würden, ließen wir die Maschinen stehen und kehrten in unser Hotel zurück. Gesamteindruck: Grundsätzlich eignet sich die neue Ägyptenrallye gut für Einsteiger. In etwa wie die Tunesienrallye, wobei ich letztere rein fahrtechnisch anspruchsvoller finde, sie ist außerdem besser organisiert.

weitere Rallye-Berichte

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Die Rally of Egypt startete mit einem Prolog rund um die Pyramiden von Gizeh.
(Foto: Marco Garbaccio)

Die Wüstenlandschaft in Ägypten ist sehr schön,
die Strecken fahrtechnisch gesehen nicht schwer.

(Foto: Fred M. Krijgsman)

Als Siegerin der Damenwertung bekam ich einen pfundigen Obelisken - ein tolles Souvenir. (Foto: Marco Garbaccio)

 

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